Natürlich beginnen wir mit Olaf Scholz, dem Mann mit den besten Chancen,
der erste zu werden. An diesem werten Herrn prallt alles ab,
und selbst einfache Fragen beantwortet er niemals mit Ja noch Nein,
sondern redet um sie herum, umkreist sie mehrmals, holt weit aus -
und erinnert mit leiser, gelegentlich einschläfernder, andere sagen beruhigender Stimme
stets an eigene Verdienste.
Die Frage jedoch, die bleibt zumeist unbeantwortet.
Er leidet im Übrigen unter Gedächtnisschwund,
wenn's eng wird für ihn (CumEx und die Warburg Bank) und lehnt jede Verantwortung ab,
wenn in seinem Geschäftsbereich Unerhörtes geschieht (Wirecards Milliardenbetrug).
Er bekommt von der Umfrage-Industrie bislang die meisten Stimmen. Wie das? Nun, wer nicht auffällt, wird befördert.
Dieser eherne Grundsatz der deutschen Verwaltung gilt offenbar auch für die Kanzlerwahl.
Als weiteren Kandidaten begrüßen wir Armin Laschet. Dieser freundliche Herr
aus Aachen begegnet seiner Umwelt mit Frohsinn, den er in ungezählten Karnevalssitzungen
gestählt haben dürfte. Er ist mir durch weitschweifige Wortbeiträge aufgefallen.
Mein Eindruck ist, dass er sein Profil noch finden muss. Er redet eher ein bißchen
aufgeregt, und wenn er das merkt, verfällt in einen beschwichtigenden, altväterlich kümmernden Ton.
Wir werden von ihm nichts zu befürchten,
aber wohl auch nicht allzu viel zu erhoffen haben.
Die dritte im Bunde ist Annalena Baerbock. Der Kontrast zu den vom langen Politikerleben
gebügelten Mitbewerbern könnte nicht größer sein. Frisch und munter kommt diese schmucke Frau
daher, hübsch geschminkt und stets wechselfarbig gewandet, dabei gekonnt das Weibliche betonend.
Leider hält nicht,
was das Äußere verspricht. Sie ist weniger durch kluge Vorschläge als durch wiederholte,
kleinere und größere Schummeleien hervorgetreten. Ihre Botschaften klingen eher schrill,
sind nach meinem Kenntnisstand zu alarmistisch, machen auf mich meist den Eindruck,
als seien sie abgelesen oder auswendig gelernt.
Ich komme zu folgendem Schluss. Scholz hat ein massives Glaubwürdigkeitsproblem,
Laschet kämpft mit seiner Beliebigkeit und Baerbock möchte gerne mehr sein,
als sie de facto ist. Alle drei erzählen uns, was wir längst wissen; sie brüsten sich mit Vorhaben,
deren Realisierung im Unklaren bleibt. Mithin halte ich die drei, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen,
für ungeeignet, Kanzler zu werden. Wäre es folglich nicht wichtig und richtig,
wenn die Parteien ihre Kandidaten/ Kandidatinnen zurückziehen und dafür andere benennen würden?
Aber würden die Neuen klügere, vertrauenswürdigere, aktivere, vor allem ändernswilligere Menschen sein?
Wohl kaum.
Im Übrigen ist der Gedanke rein theoretischer Natur:
die machthungrigen Drei werden sich sowieso nicht vertreiben lassen.
Nachtrag (26.9.21)
Ehemalige "Linken"wähler haben das Kreuz bei der SPD gemacht und dieser zum Sieg verholfen.
Kanzlerkandidat Scholz
darf sich loben, der Beste zu sein - der Beste von drei schwachen Kandidaten.
À propos repräsentative Demokratie: Scholz und die SPD haben 11,95 Millionen Menschen gewählt, das sind 25,7% der
gültigen Stimmen, respektive 19,5% der Wahlberechtigten, oder 14,4% der
Bevölkerung von 83,1 Millionen (inklusive der nicht Wahlberechtigten).